Keine wettbewerbsrechtliche Vertragsstrafe durch Verbleiben früherer Websiteversionen in der Wayback Maschine LG Karlsruhe, Urteil vom 16.02.2023, Aktenzeichen: 13 O 2/23 KfH

Im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Streitverfahrens entschied das Landgericht (LG) Karlsruhe, dass ein Websitebetreiber wegen eines Wettbewerbsverstoßes keine Vertragsstrafe schuldet, obwohl er auf seiner Internetseite eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, wenn Altversionen der Internetseite noch in der sogenannten Wayback Maschine online bleiben und der Google Cache gelöscht wurde.

Durch die Abgabe und Annahme einer Unterlassungserklärung kommt ein Unterlassungsvertrag zustande. Dieser begründet einige Pflichten für denjenigen, der die Unterlassungserklärung abgegeben hat. Im streitgegenständlichen Fall sollte eine Agentur nicht mehr im geschäftlichen Verkehr mit der von der Klägerin beanstandeten Äußerung werben. Aus Sicht der Klägerin habe die beklagte Agentur allerdings insofern gegen ihre Pflicht aus dem Unterlassungsvertrag verstoßen, als die frühere zu unterlassende Werbung auf einer vergangenen Websiteversion noch in der Wayback Maschine auffindbar war. Die Wayback Maschine ist wie eine Art digitales Archiv des World Wide Web, das vom Internet Archive gegründet wurde. Das Internet Archive ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in San Francisco. Durch dieses digitale Archiv können Besucher in der Zeit zurückgehen und sich ansehen, wie Websites in der Vergangenheit ausgesehen haben.

Das Landgericht entschied allerdings, dass kein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vorliege, wenn der Unterlassungspflichtige nicht verhindere, dass alte Webseiten-Versionen mit der zu unterlassenden Werbung, die aus der Zeit vor dem Zustandekommen des Unterlassungsvertrages stammen, in einem von Dritten selbstständig betriebenen Web-Archiv auffindbar sind, das von üblichen Internet-Suchmaschinen nicht durchsucht werden kann. Denn ein solches Verhalten falle nicht unter den Begriff der sogenannten „geschäftlichen Handlung“, welche hingegen eine Voraussetzung ist, um eine wettbewerbsrechtliche Vertragsstrafe geltend machen zu können, wie es im vorliegenden Fall die Klägerin beabsichtigte zu tun. Eine solche geschäftliche Handlung läge in der Unterlassung, bei der Wayback Machine eine Löschung zu erreichen, beziehungsweise in der deswegen fortbestehenden Abrufbarkeit nur, wenn dieses Verhalten mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhinge, so das Landgericht, was in dem streitgegenständlichen Fall nicht vorlag. Denn es sei ausgeschlossen, dass die beklagte Agentur Kunden durch ein nicht durch übliche Suchmaschinen durchsuchungsfähiges Archiv, was im Übrigen auch selbst keine Suchfunktion aufweist, gewinnen kann.