Datenschutzkonformität bei der Einsicht in Mitgliederlisten eines Vereins OLG Hamm, Urteil vom 26.4.2023 - 8 U 94/22

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ein Vereinsmitglied Auskunft über die Mitglieder des Vereins mit näher bezeichneten Angaben erhalten kann. Das klagende Vereinsmitglied wollte, in Vorbereitung der Mitgliederversammlung des Vereins, mit anderen Mitgliedern in Kontakt treten, um eine Opposition gegen das Vorgehen des Vereinsvorstandes zu organisieren.


Um einen solchen Auskunftsanspruch geltend machen zu können, muss dem Vereinsmitglied ein Recht zustehen, was ihm dieses Vorgehen ermöglicht. Das Recht auf Einsicht in die Bücher und Urkunden des Vereins lässt sich bereits aus dem Mitgliedschaftsrecht des klagenden Vereinsmitgliedes ableiten. Voraussetzung für die Annahme eines solchen Auskunftsrechts ist, dass das Mitglied damit ein berechtigtes Interesse verfolgen muss, dem kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Vereins oder der übrigen Vereinsmitglieder entgegenstehen. Ein solches Interesse ist nach Ansicht des OLG grundsätzlich dann gegeben, wenn es darum geht, das nach der Satzung oder vereinsrechtlich bestimmte Stimmenquorum zu erreichen, damit ein Vereinsmitglied von seinen Rechten, unter anderem Minderheitenrechte, Gebrauch machen kann. Allgemein anerkannt sei in diesem Rahmen, dass sich das auskunftbegehrende Mitglied nicht auf die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über eine Vereinszeitschrift oder ein vom Verein eingerichtetes Internetforum verweisen lassen müsse. Auch sei die begehrte Auskunftserteilung nicht auf einen Treuhänder beschränkt. Das Vereinsmitglied könne gerade selbst Einsicht in die Mitgliederliste verlangen und die Übermittlung der darin enthaltenen Informationen in elektronischer Form, beispielsweise per E-Mail, an sich selbst verlangen. Das OLG sah ein berechtigtes Interesse am Erhalt der begehrten Mitgliederliste unter anderem in der bezweckten Kontaktaufnahme zu anderen Vereinsmitgliedern, um eine Opposition gegen die vom Vorstand eingeschlagene Richtung der Vereinsführung zu organisieren. Diesem Interesse stehen auch gerade keine überwiegenden Interessen des Vereins entgegen. Allerdings könne dem klagenden Vereinsmitglied gegebenenfalls die entstandenen Kosten für den Übermittlungsaufwand der Mitgliederliste in Rechnung gestellt werden.

Das OLG hat sich weiterhin die Frage gestellt, ob die kontaktierten Mitglieder durch die E-Mail des Klägers „belästigt“ würden. Doch auch hier entschied es zugunsten des klagenden Vereinsmitgliedes: Der Beitritt zu einem Verein begründe die Vermutung, auch zu der damit einhergehenden Kommunikation – auch per E-Mail – bereit zu sein. Dies gelte umso mehr, als die dauernde Kommunikation zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern per E-Mail erfolge. Eine erhebliche Belästigung geht damit in der Regel nicht einher, zumal jedes Vereinsmitglied sich vor dem Erhalt unerwünschter E-Mails entsprechend schützen könne. In der Akzeptanz der E-Mail als Kommunikationsmittel des Vereins ist eine Art Zustimmung zu sehen, die eine mögliche Belästigung ausschließt.


Ebenfalls ist die Übermittlung der Mitgliederlisten mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. Artikel 6 der DSGVO bietet insofern die Erlaubnis dafür, da die Übermittlung zur Erfüllung eines privatautonomen Rechtsverhältnisses, dessen Partei die betroffenen Personen sind, erforderlich ist, sodass die maßgebliche Verpflichtung daher als Ausdruck der Selbstbestimmung legitimiert sei. Das privatautonome Rechtsverhältnis besteht hier in der Vereinszugehörigkeit.


Letztlich umfasste die Verurteilung die Aushändigung der Mitgliederliste, welche die Vor- und Zunamen jener erfasste, bei juristischen Personen den Namen dieser juristischen Person sowie die Anschriften und die E-Mail-Adressen, in elektronisch verwertbarer Form.